Heilpflanzenlexikon
Hier erhalten Sie einen Überblick über wichtige Heil- und Arzneipflanzen
Die vorliegende Übersicht bietet eine strukturierte Zusammenstellung der wichtigsten Arzneipflanzen, die in Deutschland in pflanzlichen Arzneimitteln (Phytopharmaka) als Wirkstoff enthalten sind. Die Monographien enthalten Angaben zu den Pflanzen, zu deren arzneilich genutzten Pflanzenteilen (= Droge im pharmazeutischen Sinne) und Angaben zu den Inhaltsstoffen sowie detaillierte Informationen über die medizinische Anwendung der Pflanzen bzw. Drogen. Weiterhin wird auf die Dosierung und die Zubereitung von Teeaufgüssen eingegangen. Auch werden die notwendigen Warnhinweise gegeben und auf Neben- und Wechselwirkungen hingewiesen.
Die Angaben wollen und können jedoch keine ausschließliche Anleitung zur Selbsttherapie bieten. Bitte lassen Sie sich im Erkrankungsfalle von Ihrem Arzt, Heilpraktiker oder in Ihrer Apotheke beraten.
I
- Indischer Weihrauch
Botanische Bezeichnung
Salaibaum, Salphalbaum – Boswellia serrata Roxb.
Familie
Balsamgewächse (Burseraceae)
Wissenswertes zur Pflanze
Harze und Balsame breiten beim Verbrennen intensive, wohlriechende Düfte aus, derer man sich bei Kulthandlungen bedient. Der in katholischen Kirchen gebräuchliche Weihrauch ist ein Harz, das aus Boswellia carteri Birdw., einem in Somalia, Südarabien und Äthiopien wild wachsenden Baum, gewonnen wird. Dazu ritzt man Schnitte in die Rinde, woraufhin der Baum ein Harz ausscheidet, um diese Wunden zu verschließen. An der Luft erhärtet das Harz schnell, lässt sich dann leicht abnehmen und kommt als Weihrauch (Olibanum) in Form eines körnigen Materials in den Handel.
Arzneilich interessant ist der Indische Weihrauch, der vom Sabalbaum (B. serrata), einem großen Baum in den trockenen, bergigen Gebieten Indiens, gewonnen wird. Seine Krone ist flach ausgebreitet, die Blätter 9-bis 14-paarig gefiedert, die einzelnen Fiedern am Rande sind kerbig gesägt bis fast ganzrandig. Die grünlich aschfarbene Rinde schält sich in papierartigen, glatten Stücken ab. Das vom Sabalbaum bei Verletzung ausgeschiedene Gummiharz erstarrt zu Klumpen verschiedener Formen. Sie sind gelblich bis bräunlich, unregelmäßig kugelig oder stalaktitartig, hellgrau bestäubt, zudem leicht zerbrechlich mit muscheliger, wachsartiger Bruchfläche. Der Indische Weihrauch wird zweimal im Jahr gesammelt (März und Juni), Monate vorher werden die Verletzungen gesetzt. Je Baum kann ungefähr 1 kg Gummiharz jährlich gewonnen werden.
Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)
Verwendet wird das bei Verletzung des Stammes und der Zweige ausgeschiedene, luftgetrocknete Gummiharz.
Inhaltsstoffe der Droge
Indischer Weihrauch enthält ca. 60% Harz mit verschiedenen Boswelliasäuren (Triterpensäuren), außerdem Polysaccharide (Schleimstoffe) und ätherisches Öl.
Qualitätsbeschreibungen
Die Qualität von Indischem Weihrauch (Olibanum indicum) ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt.
Medizinische Anwendung
Anerkannte medizinische AnwendungWeder die Kommission E noch ESCOP haben den Indischen Weihrauch bearbeitet.
In der Ayurvedischen Medizin wird Indischer Weihrauch zur unterstützenden Behandlung der chronischen Polyarthritis verwendet sowie zur Remissionsbehandlung bei den entzündlichen Darmerkrankungen Colitis ulcerosa und Morbus Crohn. Klinische Studien bestätigen die Wirksamkeit des Indischen Weihrauchs bei den entzündlichen Darmerkrankungen, jedoch steht die abschließende Beurteilung der Anwendungsgebiete und damit die Zulassung in Deutschland noch aus. Zugelassene standardisierte Präparate des Auslands können auf Einzelverschreibung eingeführt und angewendet werden (z.B. H 15 Weihrauchkapseln).Traditionelle Anwendung
Indischer Weihrauch hat keine Listung als traditionelles Arzneimittel (§ 109a).
Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln
Trockenextrakt in Tabletten
Dosierung
Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Indischer Weihrauch kann nicht als Teeaufguss eingenommen werden, allenfalls kann die Droge bei Mundschleimhautentzündungen gelutscht werden.Bereitung eines Teeaufgusses
entfällt
Hinweise
Für die Anwendung von Indischem Weihrauch während der Schwangerschaft und Stillzeit sowie für die Anwendung bei Kindern und Jugendlichen liegen noch keine Erfahrungen zur Unbedenklichkeit vor.
Nebenwirkungen
Selten Magen-Darm-Beschwerden; mitunter allergische Reaktionen.
Wechselwirkungen
Keine bekannt
- Indisches Flohsamen-Kraut
Botanische Bezeichnung
Indisches Flohsamen-Kraut – Plantago ovata Forssk. (Syn. P. ispaghula Roxb.)
Familie
Wegerichgewächse (Plantaginaceae)
Wissenswertes zur Pflanze
Das Indische Flohsamen-Kraut ist im Iran und Indien heimisch und wird dort und auch in den Nachbarländern kultiviert. Der Gattungsname Plantago, abgeleitet von lat. ‚planta’ (= Fußsohle, Fußfläche) mit dem bei Pflanzen häufigen Suffix ‚ago’, bezieht sich zum einen auf die flachen, eiförmigen in Rosetten eng am Boden liegenden Blätter des Breitwegerichs (P. major), zum anderen auch darauf, dass der Wegerich an den Wegen oft mit den Füßen niedergetreten wird. Das reichliche Vorkommen am Wegrand hat ihm auch den deutschen Namen „Wegerich“ eingebracht.
Das Indische Flohsamen-Kraut (auch Indischer Flohsamen-Wegerich) zeichnet sich allerdings durch grundständige, sehr lange, schmal-lineale, weiß-flaumig behaarte Blätter aus. Die kleinen Blüten stehen in kurzen, dichtblütigen Ähren an niedrigen Blütenschäften, kaum über die Blätter herausschauend. Die Frucht reift zu einer Deckelkapsel heran und enthält kleine, kahnförmige Samen von stark variierender Farbe. Sie erinnern wie beim „Flohkraut“ bzw. „Flohsamen-Wegerich“ an Flöhe, was der Pflanze dann den deutschen Namen „Indisches Flohsamen-Kraut“ eingebracht hat.Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)
Verwendet werden die reifen Samen. Die Droge wird aus Pakistan und Indien importiert.
Inhaltsstoffe der Droge
Indische Flohsamen enthalten in der Samenschale Schleimstoffe, im Endosperm Proteine und fettes Öl.
Qualitätsbeschreibungen
Die Qualität folgender Drogen bzw. Drogenzubereitungen ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt:
- Indische Flohsamen (Plantaginis ovatae semen)
- Indische Flohsamenschalen (Plantaginis ovatae seminis tegumentum)
Medizinische Anwendung
Anerkannte medizinische Anwendung
Indische Flohsamen und Indische Flohsamenschalen: Innerlich bei chronischer Verstopfung und bei Erkrankungen, bei denen ein weicher Stuhl erforderlich ist (Analfissuren, Hämorrhoiden, nach anorektalen Eingriffen, während der Schwangerschaft und unterstützend zur kurzzeitigen Therapie bei Durchfällen verschiedener Ursache (Kommission E, ESCOP). Klinische Studien belegen auch die Anwendung bei Stuhlunregelmäßigkeiten, beim Reizdarm, Divertikulose, bei Vorliegen eines künstlichen Darmausgangs und als unterstützende Maßnahme bei Morbus Crohn.
Das HMPC hat die innerliche Anwendung von Indischen Flohsamen bei wiederholt auftretender Verstopfung und zur Erweichung des Stuhls, z.B. bei schmerzhaftem Stuhlgang, nach rektalen oder analen Untersuchungen, bei Analfissuren und Hämorrhoiden, als „medizinisch allgemein anerkannt“ („well-established medicinal use“) akzeptiert. Für Indische Flohsamenschalen, die ein höheres Quellvermögen haben, wurde zusätzlich noch die Anwendung bei Reizdarm und zur Unterstützung einer Cholesterin-senkenden Diät als „medizinisch allgemein anerkannt“ („well established medicinal use“) akzeptiert.Traditionelle Anwendung
Kein Hinweis auf eine traditionelle Anwendung nach § 109a
Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln
- ganze oder zerkleinerte Indische Flohsamen oder Indische Flohsamenschalen
Dosierung
Indische Flohsamen: 8 bis 40 g Flohsamen (Tagesdosis) in drei Einzeldosen mit reichlich Flüssigkeit einnehmen (sehr wichtig! mind. 200 mL pro Dosis). Indische Flohsamen können auch in Wasser, Milch oder Saft vorgequollen eingenommen werden. Während der Therapie mit Indischen Flohsamen bzw. Flohsamenschalen muss in jedem Fall eine reichliche Flüssigkeitszufuhr gewährleistet sein.
Indische Flohsamenschalen: Da der quellfähige Schleim in der Samenschale liegt, haben pro Gewichtseinheit die Flohsamenschalen ein deutlich stärkeres Quellvermögen als die Samen. Deshalb genügen 7 bis 11 g Indische Flohsamenschalen (Tagesdosis) in drei Einzeldosen. Wichtig ist auch hier, dass reichlich Flüssigkeit nachgetrunken wird (mind. 200 mL pro Dosis).Hinweise
Auf reichliche Flüssigkeitszufuhr ist zu achten!
Bei Verdacht auf Darmverschluss (Ileus), bei schmerzhaften oder blutigen Darmproblemen, bei Erkrankungen der Speiseröhre und bei Schluckbeschwerden dürfen Indische Flohsamen und Indische Flohsamenschalen nicht eingenommen werden. Auch sollen Indische Flohsamen und Indische Flohsamenschalen nicht unmittelbar vor dem Schlafengehen eingenommen werden.
Die Anwendung bei Kindern unter 6 Jahren wird wegen fehlender Erfahrung nicht empfohlen.Nebenwirkungen
Bei Beachtung der erhöhten Flüssigkeitszufuhr sind keine Nebenwirkungen zu erwarten, allenfalls Blähungen.
Wechselwirkungen
Indische Flohsamen bzw. Flohsamenschalen sollen ½ bis 1 Stunde vor oder nach der Einnahme von anderen Arzneimitteln eingenommen werden, da sich ansonsten die Aufnahme anderer Arzneimittel aus dem Magen-Darm-Trakt verzögern kann.
- Ingwer
Botanische Bezeichnung
Ingwer – Zingiber officinale Roscoe
Familie
Ingwergewächse (Zingiberaceae)
Wissenswertes zur Pflanze
Ingwer ist in Südostasien heimisch und wird heute in zahlreichen Gebieten des Tropengürtels kultiviert. Das Gewürz gelangte schon im Altertum über arabische Händler nach Europa. Im 13. Jh. kam die Pflanze mit den Arabern nach Ostafrika und im 16. Jh. durch die Portugiesen nach Westafrika. Ingwer ist eine Staude, die sich mit ihren Rhizomen (unterirdischen Sprossachsen) vegetativ vermehrt. Aus den knolligen Abschnitten der Rhizome treiben bis 1m lange sterile, schilfartige Stängel, die von den Scheiden der 20 cm langen lineal-lanzettlichen Blättern umfasst werden. Einige kürzere Sprosse tragen Blütenstände mit endständigen gelben Blüten, die eine purpurfarbene Lippe haben.
Der Gattungsname Zingiber geht auf ein Sanskritwort ‚sringavera’ = ‚mit Geweihsprossen versehen’ zurück, womit das Rhizom ganz gut beschrieben ist. Der Artname officinalis lässt darauf schließen, dass es sich um eine alte Arzneipflanze handelt, denn die „Offizin“ ist der Verkaufsraum einer Apotheke und ‚officinalis’ bedeutet: in den Apotheken gebraucht.Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)
Verwendet werden die knolligen Rhizome (Wurzelstöcke), die anhaftenden fadenförmigen Wurzeln werden abgetrennt. Die Rhizomknollen werden gesäubert und von der äußeren Korkschicht befreit, dann in der Sonne getrocknet.
Inhaltsstoffe der Droge
Ingwer enthält ein aromatisch riechendes ätherisches Öl und nichtflüchtige Scharfstoffe (Gingerole und Shogaole).
Qualitätsbeschreibungen
Die Qualität des Ingwerwurzelstocks (Zingiberis rhizoma) ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt.
Die Qualität der Ingwertinktur (Zingiberis tinctura) ist im Deutschen Arzneimittel-Codex (DAC) festgelegt.Medizinische AnwendungAnerkannte medizinische Anwendung
Innerlich bei dyspeptischen Beschwerden (diffuse Oberbauchbeschwerden), bei Appetitlosigkeit und zur Verhütung der Symptome der Reisekrankheit sowie als postoperatives Antiemetikum (Kommission E, ESCOP).Traditionelle Anwendung
Traditionell angewendet zur Unterstützung der Verdauungsfunktion und zur Besserung des Unwohlseins (traditionelle Anwendung nach § 109a).
Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln
- geschnittene Droge und Trockenextrakte zur Teebereitung
- pulverisierte Droge in Kapseln
- alkoholische Ingwerauszüge (auch Tinktur) in Kombination mit anderen Drogenextrakten in Tonika
Dosierung
Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Teeaufguss bei dyspeptischen Beschwerden und zur Appetitanregung: mehrmals täglich 0,5 bis 1 g Ingwer. Zur Vorbeugung der Symptome der Reisekrankheit: Erwachsene und Kinder über 6 Jahre nehmen 0,5 bis 2 g des pulverisierten Ingwer 30 Min. vor Reisebeginn ein.Bereitung eines Teeaufgusses
0,5 bis 1 g grob gepulverten oder geschnittenen Ingwer mit ca. 150 mL siedendem Wasser übergießen, bedeckt 5 Min. stehen lassen und über ein Sieb abgießen.
Hinweise
Bei Gallenleiden Ingwer und Ingwerzubereitungen nur nach Rücksprache mit dem Arzt anwenden. Nicht anwenden bei Schwangerschaftserbrechen.
Nebenwirkungen
Keine bekannt
Wechselwirkungen
Keine bekannt